KMU noch ohne
Im Mittelstand oder in sehr kleinen Firmen, in denen ich hauptsächlich tätig war bisher, wird am häufigsten auf das Jahresgespräch verzichtet. Manchmal ist so eine Institution einfach noch nicht etabliert und wird auch nicht eingefordert. Es ist aber auch oft so, dass „wir das dann schon mal machen, aber grad ist keine Zeit“. Wenn die Kommunikation gut läuft, ist ein Verzicht darauf sogar manchmal besser als künstliche Strukturen zu schaffen. Wie oben beschrieben geht der Trend auch eher dahin.
Die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen?
Das Argument Zeit ist jedoch schon längst verjährt! Das Jahresgespräch ist eine feste Größe und darf deshalb nicht achtlos beiseite geschoben werden. Was meinst du, wie viel Zeit dich ein unmotivierter beleidigter und sich nicht wertgeschätzt fühlender Mitarbeiter kostet!?
Wer jetzt ein Unternehmen gründet oder in einer Branche sehr nah am Zahn der Zeit arbeitet, für den sind Feedbackgespräche ein wichtiges Steuerelement. Denn alle Bemühungen bringen nichts ohne eine anständige Evaluation. Was schon seit Jahrzehnten in den Fachbüchern und Seminaren über Feedback und Jahresgespräche gepredigt wird kommt so langsam in den letzten Ecken der Familien- und Kleinstbetrieben an.
Zwang zum Handeln
Die Notwendigkeit ist ja einfach da, wir haben einen starken Arbeitnehmermarkt momentan, hier im Süden von Deutschland sind die Auftragsbücher bis zum Rand gefüllt, nahezu Vollbeschäftigung und die Unternehmen werfen immer noch die Netze für gute neue Mitarbeiter aus. Angestellte werden jetzt mit mehr Aufmerksamkeit betrachtet, als das vor zehn Jahren noch der Fall war. Denn sie zu halten ist die neue Herausforderung der nächsten Jahre für alle Unternehmen.
Zwischen Versicherung und Bro-Code
Die teilweise hochqualifizierten und motivierten Mitarbeiter, die mittlerweile aus aller Welt kommen sind bereit viel zu leisten. Sie erwarten dafür aber auch klare Arbeitsanweisungen und Strukturen. Natürlich mit genug Freiheiten und Entfaltungsspielraum. Am besten auf Augenhöhe und mit solidem Weitblick auf die Zukunft. Also Kommunikation irgendwo zwischen solidem Versicherungsverkaufsgespräch und Bro-Code. Nicht leicht und eine echte Herausforderung für die Teamleitungen. Und nicht zuletzt für die Personaler, die solche Jahresgespräche oft begleiten, mindestens aber vor- oder nachbereiten.
Werte
Was ist also zu tun, um eine anständige Kommunikation und einen effizienten Austausch zwischen Leitungen und Mitarbeitern zu gewährleisten? Ich unterstelle jetzt einfach mal eine positive und der Zukunft optimistisch eingestellte Firmenpolitik mit Werten, die den Wert der Beschäftigten miteinschließt. Hapert es daran, muss man viel weiter vorne anfangen, denn dann ist gute Kommunikation erschwert.
Normal ist gut
Aber gehen wir vom „Normalfall“ aus. Wir müssen uns erst mal das Team genauer ansehen. Wie viele MitarbeirInnen sind der Leitung unterstellt? Je mehr, je automatisierter sollte der Ablauf sein. Die Leitung sollte sich mit der Vorbereitung nicht allzu lange beschäftigen müssen, am besten gibt es einen immer gleichen Leitfaden, Vordrucke oder im besten Falle sogar schon eine Software. Diese etablieren sich momentan auch für den Mittelstand, uns wurden schon einige vorgestellt.
Dann die Zeitplanung. Unter zehn Kollegen, mit denen ich Gespräch führen will, ist noch eine Terminerinnerung ausreichend. Alles darüber hinaus ist für mich zwar schon eine Überbeanspruchung der Führungskraft, aber leider durchaus Alltag.
Hier sollte ein Assistent übernehmen oder die Jahresgespräch zumindest mit verwalten, um Termine zu planen und zu organisieren. Schließlich hängt einiges dran – Raum buchen, zwei Leute, ggf. auch die Personalabteilung, einladen, Zeiten finden. Noch dazu sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese halbe Stunde ohne Hetze und Eile und möglichst „comfy „ zu begehen.
Verschiedene Welten
In welchen Berufsfeldern wir unterwegs sind bedingt natürlich zum größten Teil Inhalt und Ziel des Gesprächs. Beim Vertriebler liegen ganz klar Zahlen ganz vorne im Rennen, die Performance wird bewertet, hier geht es oft auch um Provisionen. Das wird vom Mitarbeiter auch erwartet. Der Ton ist oft etwas straffer, wenn Zielerreichung und Erwartungen auf einen gleichen Nenner gebracht werden sollen.
Zwischenmahlzeit
Bei solch oft anstrengenden Gesprächsverläufen empfiehlt sich die sogenannte Sandwich-Methode. Ein Klassiker unter den Kommunikationsmitteln. Erst werden positive Aspekte beleuchtet, bevor es etwas schwieriger wird und auch konstruktiv kritisiert werden darf. Der Abschluss sollte dann wieder positiv und freundlich sein. Für beide Gesprächspartner bleibt das Jahresgespräch dann meistens als positiv und konstruktiv in Erinnerung. Dieser Gesprächsstil ist auch im Privatleber ein echtes Hilfsmittel, sei es beim Partnern oder mit den Kids.